Hier kommt er, Johannes Scheurich, ein »Retter in der Not mit gutem Rat und Brechstangen im Sonderangebot«. So beschreibt er sich im Song »Nicht allein« selbst. Und zwar recht passgenau, wie man feststellt. Denn der junge Singer-Songwriter erscheint auf seinem Album »Mehr Davon« als Kämpfer für das Gute und gibt Denkanstöße in allen erdenklichen Lebenslagen. Ob es wie im zuvor veröffentlichten »Bleib drin« um die Bewältigung der Pandemie oder um amouröse Beziehungen am Arbeitsplatz geht: immer findet Johannes Scheurich treffende Worte und weist neue Wege auf. Mal mit einem ironischen Augenzwinkern, mal mit leise anklingendem Pathos singt er von der Liebe, multikultureller Akzeptanz oder verschafft uns wie einst die Bangles eine neue Perspektive auf anstrengende Montage. Philosophisch wird Scheurich beim Anblick eines Klaviers als mahnendes Symbol für alle Dinge, die man sich vor- aber nie in Angriff nimmt. Und in »Das Meer« erbebt man ehrfürchtig vor einer eindringlichen Naturbetrachtung, wie es einem seit Blumfeld nicht mehr untergekommen ist.
Die klassische Instrumentierung aus Gitarre, Bass, Schlagzeug schafft ein recht bodenständiges Grundgerüst, auf dem sich die bunten Songideen sorglos austoben können. Mitunter wird der Sound aber auch angereichert durch weitere Akzente, wie etwa einer Kombination aus Piano und Akkordeon in »Nicht Allein«. Und in »Hafen & Boot« wird Scheurich im Refrain unversehens und kompetent von STINE und Jan Thierfelder am Mikro unterstützt.
Der Einfluss der Ärzte (aus Berlin!) ist bei Johannes Scheurich oft spürbar – zumal er stimmlich und kompositorisch eine gewisse Ähnlichkeit mit Bela B. nicht leugnen kann. Was ihn hier aber vor allem unterscheidet, ist, dass Scheurich auch vor dem großen Gefühl nicht zurückschreckt. Die gefährliche Grenze zum Kitsch umschifft er dabei gekonnt und souverän. Immer wieder kontrastiert er mit individuellen Spitzfindigkeiten abgegriffene Sprachbilder und setzt sie so in ein neues Licht. Rekontextualisierung ist das Zauberwort. Bleibt für die Zukunft nur zu hoffen, dass der Musiker sich seinen eigenen Rat zu Herzen nimmt: »Wenn was funktioniert, mach mehr davon!«